Archiv der Kategorie: Sozialpsychologie

Tempo

  • WOHLSTAND
    Je gesünder die Wirtschaft eines Ortes, desto höher sein Tempo
  • GRAD DER INDUSTRIALISIERUNG
    Je entwickelter ein Land ist, desto weniger freie Zeit blebt pro Tag
  • EINWOHNERZAHL
    Größere Städte haben ein schnelleres Tempo
  • KLIMA
    Heißere Orte haben ein langsameres Tempo
  • KULTUR
    In individualistischen Kulturen bewegt man sich schneller als in vom Kollektivismus geprägten
  • DAS INDIVIDUELLE

nach: Levine, Robert: Eine Landkarte der Zeit. Wie Kulturen mit Zeit umgehen, 15. Aufl., München 2009, S. 37-55.

Möglichkeiten und Endlichkeit

Sokrates: Wie ist es also mit der Liebe? Wollen wir also sagen, dass sie zu den widerspruchsvollen Dingen oder zu den anderen gehört?
Phaidros: Doch zu den widerspruchsvollen …

(Platon: Phaidros)

Was wir uns am sehnlichsten wünschen, kann uns am tiefsten verletzen. Unser abgegrenztes Ego muss sich in der Liebe öffnen und verletzbar machen. Gerade sensible und einfühlsame Menschen fürchten sich daher vor der Liebe am stärksten ob der Schmerzen beim Scheitern. Daneben besteht ein weiterer Grund für die Bindungsangst im höheren Alter im „Verrechnen“ der Liebesversuche früherer Jahre.

Manchen Menschen fällt es schwer, sich im Meer der Möglichkeiten unserer Zeit festzulegen, denn dies heißt, die Endlichkeit meiner Möglichkeiten und letztlich meiner selbst anzuerkennen – und je größer die Auswahlmöglichkeiten, desto höher sind die Opportunitätskosten. Viele vermeintliche Möglichkeiten sind jedoch nur egozentrische Illusion, weil wir an der Phantasie eines unendlichen Lebens festhalten oder unsere eigenen Eigenschaften schönreden.

 Lit.: Wolfgang Paetzold: Teflonherz und Liebesgier. Beziehungen in Zeiten der Ichsucht, München 2012, S. 18-23.
„Sich einlassen hat die Konnotation von Endlichkeit, und viele Menschen können sich nicht in einer dauerhaften Beziehung einrichten, weil dies bedeuten würde: „Das ist es“, keine Möglichkeiten mehr, keine gloreichen Träume ständigen Aufstiegs mehr.“
Lit.: Irvin D. Yalom: Existentielle Psychotherapie. Köln 2000, S. 206

 

Allein oder gemeinsam

Wir leben allein, wenn uns nahe Beziehungen nicht gelingen oder wir diese nicht wünschen. Oft treibt uns auch der Schmerz der gescheiterten Beziehungen dazu, alleine zu bleiben. Das Alleine-Leben kann durchaus auch sinnvoll sein – zur Besinnung nach einer Trennung oder um einem persönlichen großen Projekt Raum zu geben. Oft ist jedoch das Alleine-Leben – auch wenn bisweilen nach Außen und Innen geleugnet – ungewollt.

Drei Konfliktachsen tauchen in jeder Beziehung auf:

  • Persönliche Freiheit (Autonomie) <-> Intimität (Nähe)
  • Hohe Ansprüche an Partner <-> Kompromisse im Alltag
  • Bewegende Sexualität/Erotik <-> Lebenslange Bindung (Sicherheit)

Auch wenn wir es nicht wollen: Erst Polaritäten wie diese setzen unser Leben in Bewegung und sorgen für Spannung – Freud und Leid sind untrennbar miteinander verbunden. Es gibt keine Nähe ohne Konflikte, ohne Verletzungen. Wer diese aushalten kann und die Verletzungen möglichst gering hält, kann Nähe, Vertrauen, Wärme und Inspiration als Glücksquelle wachsen lassen.

 Lit.: Wolfgang Paetzold: Teflonherz und Liebesgier. Beziehungen in Zeiten der Ichsucht, München 2012, S. 14-17.

 

Suchen und Finden

„Leben ist einfach das, was dir zustößt, während du eifrig dabei bist, andere Pläne zu schmieden.“ (John Lennon)

Auch wenn es unsere Konsumwelt anders darstellt: Nicht jedes Verlangen, das wir haben, muss auch erfüllbar sein. Und dabei vergessen wir, welche Glücksmomente und -grundlagen wir schon besitzen – wie viele Bedürfnisse schon erfüllt und nur wie wenige eigentlich nicht erfüllt sind. So „backen“ wir uns in der Phantasie einen Traumpartner, der dann in der Wirklichkeit unauffindbar bleibt. Versuchen Sie einmal, ihren Traumpartner zu beschreiben – und dann überprüfen Sie, wie realistisch ihre Vision ist. Bedenken Sie dabei, dass auch ihr Gegenüber eine ähnlich umfangreiche Wunschliste führt. Während wir so geliebt werden wollen, wie wir „sind“, soll unser Partner möglichst genau auf unser Kriterienraster passen. Unser alltägliches ökonomisches Denken und Handeln überträgt sich auf die Beziehung, die ja eine Liebesbeziehung sein soll – und kein Handelsvertrag. Liebe bleibt ein Kind des ruhigen Zu-Falls, des Offen-Seins für das Finden und nicht des krampfhaften Bemühens und Suchens.

 Lit.: Wolfgang Paetzold: Teflonherz und Liebesgier. Beziehungen in Zeiten der Ichsucht, München 2012, S. 8-13.